Entwicklungsgeschichte
Eigentlich sollte ich keine Neuentwicklung machen, sondern
die Vorgänger-Datenbank des Instituts für Bodenkunde und
Waldernährung der Universität Göttingen auf einen eigens
beschafften Rechner portieren. Problem dabei: das alte System
lief auf einer VAX unter VMS, und war in FORTRAN geschrieben.
Das neue System sollte unter UNIX auf einem VMS-Bus-Rechner
vom Typ “force32” laufen.
Das Programm, das ich portieren sollte, waren wie aus einem
Lehrbuch für Junginformatiker, Kapitel: “So sollte man es
nicht machen”. Das Listing bestand aus mehreren tausend
Zeilen FORTRAN, aufgeteilt auf nur zwei Dateien: die eine
ungefähr 300 Zeilen lang, der ganze Rest in einem einzigen
Modul namens “TEST”. Die einzigen Kommentare bestanden aus
“CCC...CCC”-Balken. Mein Vorgänger, ganz offensichtlich ein “real programmer”,
hatte wirklich jede VMS-spezifische FORTRAN-Sprachvariante benutzt, dazu kamen Typenumwandlungen durch überlappende Records, die nur auf dem VAX-Prozessor funktionierten. Außerdem gab es ein graphisches User-Interface, das aus überall in der Source verteilten Steuerzeichen für ein bestimmtes Terminal bestand. Beindruckend!
Also habe ich mich für eine komplette Neuentwicklung
entschieden. Vom alten System ist immerhin der Name
geblieben:
LAPIS = “LAborProben-Informations-System”.
Als Reaktion auf den bisherigen Chaos wollte ich alles sehr
modular und strukturiert programmieren, was mir auch gelungen
ist. Dadurch habe ich allerdings ebenfalls einen Platz in
besagtem Informatiklehrbuch verdient, und zwar auch im
Kapitel “So sollte man es nicht machen”: Meine Architektur
bestand aus vielen kleinen modularen
Datenverarbeitungsoperatoren, die sich per UNIX-Pipe und
Dateiaustausch Datenströme gegenseitig zuschoben. In der
Theorie ganz prima, aber laaannnggsaaaam!
Die eigentliche Entwicklungsphase erfolgte 1989-1992. Vor
Aufnahme des Produktionsbetriebs 1992 wurde die focus32 dann
verschrottet, aus Pietät habe ich ihre 680x0er-Prozessoren
aufgehoben:
Die neue Maschine war eine IBM-RS6000-530h namens “mammoth”. Auf dieser hatte
LAPIS seine Glanzzeit, es war von 1992 bis 2002 in Betrieb. “mammoth” sollte Januar 2004
bei eBay verkauft werden, wurde dann aber von der NFV wieder zurück ersteigert. Daher
gibt es wenigstens ein Bild von ihm (das typische Artikel-Foto: unschön, aber alles drauf):
Seit 2002 wird mit LAPIS nicht mehr im Produktionsbetrieb gearbeitet. Es bleibt aber
lauffähig, um die Datenkonvertierung auf das nachfolgende LIMS überprüfen zu können.
Ausblick
Im Rückblick war es die Entscheidung für RS6000 als Plattform, die LAPIS die Abschaltung
beschehrt hat. Im Jahr 1992 wurde auch ein high-performance-PC mit AT&T-UNIX als
Alternative geprüft, diese Maschine war aber vom Preis/Leistungs-Verhältnis nicht mit der
RS6000 vergleichbar. Die Geschichte hat gezeigt, dass PCs als Datenbankserver mit Linux die
optimale Plattform für LAPIS gewesen wäre.
Da allerdings die Datenbank db++ immer noch verfügbar ist, steht auch zum jetzigen Zeitpunkt einer Portierung nach Linux immer noch nichts im Wege. Aber man muss ja auch mal loslassen
können ...
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