Zur Darstellung meiner Texte habe ich das Alpha 220C der Firma Adaptive Micro Systems
ausgewählt. Dabei handelt es sich um eine mehrfarbige LED-Matrixanzeige mit einer
Displaybreite von nominell 20 Zeichen. Es ist etwa 95 cm breit und 10 cm hoch, der optimale
Betrachtungsabstand beträgt 5 Meter. (Hier liegt die offizielle Produktbroschüre ... coole
Frisuren haben sie da drüben!). Kaufentscheidung und Inbetriebnahme erfolgten im Jahr 2002
.
Aufgabe
Für den Einsatz im “Textplayer” benötigte ich ein Display, das ohne sichtbare Pause einen
sehr grossen Text (> 1 Mio Zeichen) abspielen kann, schließlich sollte ja ein “ewig
strömender Text” angezeigt werden.
Es erwies sich als schwierig, diese Anforderung mit den kommerziell erhältlichen Laufschriften
zu realisieren. Diese Geräte haben zwar meistens eine serielle Schnittstelle zur Anbindung an
den PC, sind aber hauptsächlich für den stand-alone-Betrieb gedacht. Über die Schnittstelle
ist daher oft nur ein einfacher Download von Anzeigedaten möglich, aber keine
weitergehenden Funktionen. Nach anfänglicher Programmierung mit einer Anzahl von
Meldungen wird die Verbindung zum PC getrennt und das Gerät spult dann offline das
Anzeigeprogramm ab. Der verfügbare Speicher für die Textmeldungen ist recht klein ... 64
Kilobyte Textkapazität werden selten erreicht, und sind für das gedachte Anwendungsfeld
auch unnötig.
Es gab also ein Problem zu lösen: weder konnte ich meine grossen Texte auf einmal in den
internen Speicher gängiger Laufschrift-Geräte laden, noch konnte ich über die
Downloadschnittstelle in Echtzeit das Display ohne Geflacker kontrollieren. Aber wie heisst
es so schön:
“Don’t call it a problem ... call it a project.”
Lösung
Bei den Laufschriften der Alpha-Serie von Adaptive Micro Systems gibt es folgendes Feature: In den anzuzeigenden Text können sogenannte “Stringfile-Aufrufe” eingebettet
werden. Das sind Zugriffe auf Textvariable, die während der Anzeige des Textes vom PC aus
verändert werden können, das Display zeigt dann jeweils den aktuellen Wert dieser Variablen
an. Die Firmware der Alpha-Displays kann eine Aktualisierung der Textfiles im Hintergrund
während der Anzeige durchführen, es entstehen keine sichtbaren Störungen in der Anzeige.
Jetzt beginnt der Irrsinn, denn dieses Feature habe ich wie folgt genutzt: In das Display wird
eine lange Message geladen, die ständig abwechselnd zwei Stringfiles aufruft. Das Alpha
220C hat einen 28 Kilobyte grossen Messagepuffer, in diesen passt eine Message, die aus
14000 Stringfile-Aufrufen besteht. Jeder Stringfile kann 120 Zeichen Text fassen, dadurch
ergibt sich eine maximale sichtbare Messagelänge von 14000 * 120 = ca. 1.6 Millionen
Zeichen, die ohne Unterbrechung kontinuierlich durchlaufen können. Das entspricht einer non
-stop Betriebszeit von 36 Stunden. Die Display-Firmware hat diese Extremanwendung
glücklicherweise problemlos verkraftet. Die zu erstellende Steuersoftware auf dem PC ist
recht anspruchsvoll: Es muss ständig neuer Text zum richtigen Zeitpunkt in den gerade nicht
sichtbaren Stringfile geladen werden. Dazu muss die Scrollposition des Textes auf dem
Display extrem genau mit der PC-Uhr synchronisiert werden. Das erfordert unter anderem
eine Messung der Display-Scrollgeschwindigkeit auf 6 Stellen genau, sowie die Ermittlung
der Breite jedes Zeichens aus dem Alpha-Display-Zeichensatz.
Alles in allem: ich hatte viel Spass dabei!
Weitere Eigenschaften
Abgesehen von der Tatsache, dass das Alpha-Display meine K.O.-Kriterien erfüllt, würde
ich es inzwischen so bewerten:
Positiv:
- professionelle Hard- und Softwarequalität.
-
gut durchdachtes und leistungsfähiges Programmiermodell (siehe Software-Manual)
-
raffinierter “compressed rotate” Mode, bei dem durch einen optischen Trick statt 20
Zeichen ca. 30 Zeichen gleichzeitig sichtbar sind.
-
Softwarekompatible mit allen anderen Alpha-Displays, dadurch freie Wahl des
Modells.
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Firmware im gesockelten Standard-EEPROM. Dadurch waren mir Optimierungen an den internen Zeichensatz-Definitionen möglich.
- Guter Support.
Negativ:
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für Privatanwender hoher Preis. (Daher musste ich auch die folgenden Einschränkungen in Kauf nehmen, die teurere Alpha-Displays nicht haben)
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das Display ist beim Modell 220C nur 7 Pixel hoch, es können keine Unterlängen
angezeigt werden.
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Die eingebauten Zeichensätze sind zur Darstellung von literarischen Texten nur mässig geeignet.
- keine echte Mehrfarbigkeit, nur gelb/grün/rot darstellbar.
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